DER
WELT-UNTERGANG
2017
10 Jahre ThAG! Ein Jubiläum…
Im Schuljahr 2007 gründeten wir an der Elisabethschule unter der Leitung von Tobias Purtauf die Oberstufen- Theater-AG (ThAG). Zehn Schülerinnen und ein Schüler haben sich damals auf dieses unbekannte Projekt mit dem Ziel einer Aufführung in der Waggonhalle eingelassen und herausgekommen ist ein großer Erfolg: die ersten drei von in den nächsten Jahren insgesamt über dreißig ausverkauften Vorstellungen. Scheinbar haben die ersten Erfahrungen in der ThAG Lust geweckt dabei zu sein. In den folgenden Jahren wuchs die Ensemblegröße auf meist 20-25 Spielerinnen und Spieler an. Alle sind freiwillig dabei und dazu bereit, außer Sonderproben an Feiertagen oder Wochenenden während der Schulzeit jeden Dienstag noch bis 19.00h zu proben. So standen bisher insgesamt 133 Schülerinnen und Schüler auf der Bühne. Meist waren sie mehrere Jahre im Ensemble und durften in der gesamten Zeit von insgesamt über 4500 Zuschauern den Applaus in der Waggonhalle entgegen nehmen. Dabei wurde viel gelacht, geweint, gelitten, geliebt, gestorben, geboren und geschwitzt (Temperaturrekord in der Waggonhalle waren 37° während einer Aufführung!).
Auch wenn es am Ende oft so wirkt, als sei das Stück schon immer genau für diese Gruppe gedacht gewesen, so steckt dahinter jedes Mal ein Jahr konzeptionelle und dramaturgische Arbeit. Es gibt kein Theaterstück, das auf genau 25 junge Menschen mit ihren individuellen darstellerischen Fähigkeiten passt. Also schreiben wir uns jedes Stück quasi selbst. Ein ThAG-Jahr nach den Sommerferien beginnt immer damit, dass jede Vorlage gemeinsam danach untersucht wird, was der für das Ensemble spannende Schwerpunkt ist und wie dieser dann herausgearbeitet werden kann. Das Original dient dabei als Art „Steinbruch“, gibt Ideen, Anregungen und Handlungsstränge vor. Es wird so für uns passend gemacht, indem gestrichen, umgeschrieben, neu erfunden und mit anderem Material neu kombiniert wird. So entwickeln wir etwa für einen Zeitraum eines halben Jahres gemeinsam jede Szene, bis die endgültige Spielfassung steht. Erst dann werden Rollen verteilt und ausprobiert, variiert und besetzt. Ab dem Frühjahr steht dann meist fest, wer was spielt und was wir zeigen wollen. Ein Stück als Gemeinschaftsproduktion! Außer der intensiven Probearbeit gilt es jetzt, das Bühnenbild zu konzipieren, die Technik zu koordinieren, Kostüme zu kreieren und teilweise sogar eigene Musik zu komponieren.
Die ThAG zeichnet dabei besonders aus, dass mehrere Jahrgänge miteinander verschmelzen. Kennt man sich zu Beginn noch nicht, so stehen am Ende Schüler der E-Phase bis zur Q4 nicht nur gemeinsam auf der Bühne, sondern auch auf dem Schulhof nebeneinander. Oft ist gar nach dem Ende der Schullaufbahn nicht Schluss mit der Verbundenheit zur ThAG: Seit Jahren arbeiten viele Ehemalige hinter den Kulissen mit, ob in der Technik oder dem mittlerweile professionellen Layout der Plakate.
Die ThAG ist daher in den letzten Jahren zu einer echten Institution der Elisabethschule geworden und ins Rampenlicht gerückt. Möglich wurde dies nur durch die gute Unterstützung seitens der Schule und der Waggonhalle, an alle Beteiligten vielen Dank!
Tobias Purtauf
Das Stück
Mit dem Stück „Der Weltuntergang“ von Jura Soyfer thematisiert die ThAG groteske Reaktionsmuster der Menschen. Die Erde ist aus dem Takt geraten und hat die ihr vorgegebenen Bahnen verlassen, weil sie Menschen bekommen hat. Daher beschließen die Planeten einen Kometen los zu schicken, um die Erde von dieser Plage zu befreien. Professor Guck und sein Forschungsteam entdecken den Kometen und berechnen den Zeitpunkt des drohenden Aufschlags für in vier Wochen. Sofort erfinden sie eine Maschine, die den Kometen aufhalten könnte. Was machen die Menschen? Nun, als Erstes muss man sich ja mal gut überlegen, was man zum Weltuntergang anzieht, denn das ist ja schließlich ein einmaliges Ereignis. Während Guck in seiner Verzweiflung versucht, bei den Staaten und ihren Vertretern um Unterstützung für seinen Bau zu werden, spürt er deren Gleichgültigkeit, denn der Weltuntergang kurbelt den Konsum an, und was ist besser als eine florierende Wirtschaft?
Das Stück setzt sich vor allem mit Reaktionen der Menschen auf die bevorstehende Katastrophe auseinander, mit den Scheinaktivitäten der Mächtigen, mit leeren Worthülsen, heruntergespielten Tatsachen und Geschäftemacherei mit der Bedrohung. Soyfer beschreibt aber auch, wie grotesk und skurril sich Verliebte, Selbstmörder, Prediger, Musiker, Dichter und das Volk am Stammtisch in Ignoranz flüchten und die Augen vor der Wahrheit verschließen.
Der weitgehend unbekannte Autor Jura Soyfer schrieb seine bissige Gesellschaftssatire im Jahr 1936 vor dem Hintergrund des aufziehenden Nationalsozialismus, der quasi als Komet auf die Erde zurast. Die Aktualität des “Weltuntergangs” ist aber bis heute ungebrochen: Angesichts des grotesk-komischen Verhaltens der Menschen gegenüber der elementaren Bedrohung bleibt einem auch heute noch oft das Lachen buchstäblich im Halse stecken. Soyfer wird 1937 wegen kommunistischer Betätigung verhaftet. 1938 erfolgt die Einlieferung nach Dachau, wo er das „Dachau-Lied“ schreibt. 1939 wird Soyfer ins Konzentrationslager Buchenwald überstellt, wo er 1939 an Typhus stirbt.
Zur Inszenierung
Die besondere Herausforderung dieser Inszenierung war, dass im Laufe des Stücks immer wieder neue Figuren für einzelne Szenen auftreten und dann wieder verschwinden. So spielen am Ende die 25 Spielerinnen und Spieler über 70 unterschiedliche Auftritte. Ausgehend vom Original haben wir uns die Frage gestellt, warum man eigentlich die Welt retten sollte. Oder hätte sie es eigentlich nicht sogar verdient unterzugehen? Was würden wir tun, wenn in vier Wochen die Welt untergeht? Diese Frage wurde auch an viele ehemalige ThAGler gestellt, die sie als Videobotschaft teils autobiographisch, teils aus ihren ehemaligen Rollen heraus beantworten. So sind in der Jubiläumsinszenierung viele Mitspieler aus den letzten Jahren und auch dem Gründungsjahr zu sehen!
Der dramaturgischen Grundstruktur des Originals sind wir weitgehend treu geblieben, haben aber zusätzlich noch viele eigene Szenen und Rollen entwickelt (Entdeckung des Planeten, Konsumrausch; Schlager Backstage, Die dichten Dichter). Mit dem Ende des Originals, der optimistischen Liebeserklärung an die Erde, haben wir uns lange auseinandergesetzt und es neu umgesetzt.
Aufführung und Karten
Mittwoch 07. Juni 2017
Donnerstag 08. Ju2i 2017
Freitag 09. Juni 2017
jeweils 19.30, Waggonhalle Marburg
Karten unter
theater@elisabethschule.de
Fotos
Ensemble
Agnesa Basha
Anton Rode
Ariana Sippel
Cora Röschlein
Ester Abraham
Greta Basha
Hannah Luisa Benecke
Jakob Deuter
Jonas Gerke
Kira Eckert
Klara Rewicki
Lea Hübner
Lisa Seifart
Luise Schulte
Luzie Partl
Maren Röhrich
Marie-Celine Bonarius
Martin Pasek
Noemi Mbutcho
Paula Aigner
Paula Bachmann
Ronja Behrens
Sally Schindler
Salome Fischer
Sebastian Uellner
Veronika Forteva
Presse
Spielleitung
Tobias Purtauf