Holocaust-Gedenkstunde am 27. Januar 2025

„Es ist nie zu spät, sich zu erinnern und nie zu früh zu warnen.“ Primo Levi (1919 – 1987; Chemiker und Schriftsteller, Auschwitz-Überlebender)

Vor 80 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. – Sind die jährlichen Worte, Reden und das Niederlegen von Blumen zum Gedenken an diese Befreiung nur stetig wiederkehrende Beileidsfloskeln? Können diese routinierten Betroffenheitsrituale etwas zum Guten verändern? – So fragte heute ein Kommentator in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und antwortete darauf mit dem Satz: „Damit es nicht wieder passiert. 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz muss jeder in jedem den Menschen sehen“ (FAZ, 28.01.25).

Wie an vielen Orten Deutschlands kamen am Montag, dem 27.01., alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangstufe 10 der Elisabethschule mit ihren Lehrerinnen und Lehrern zusammen, um gemeinsam dem unsäglichen Leiden und unwürdigen Sterben von abertausenden jüdischen und anderen in der Nazi-Zeit verfolgten Menschengruppen sowie der Befreiung der Lager zu gedenken. Dauerregen beschwerte die Lage – mehr als sonst. Doch trotz der nasskalten Tristesse war da gestern etwas anderes: Sehr ernst und mit sehr großer Aufmerksamkeit, einfühlsam und nachdenklich folgte die gesamte Schülerschaft den vielfältigen Beiträgen, dem Vorzeigen der Plakate, den Rezitationen von Gedichten oder selbstgeschriebenen eigenen Gedanken und am Ende der Veranstaltung der Rezitation des hebräischen Heiligungsgebetes, dem Kaddisch, von Thorsten Schmermund.


„Wir haben das Plakat mit der Intention gestaltet, euch aufzuklären und eine neue Perspektive zu verleihen. Manche Menschen denken, dass man nicht im Detail lernen muss, was der Holocaust ist, dass es schon reicht, das Wesentliche zu wissen. Das stimmt nicht, denn wir können nur aus unseren Fehlern lernen, wenn wir realisieren, wie grausam die Nazis wirklich waren. Und wir können uns nur an die unschuldigen Opfer erinnern, wenn wir sie verstehen.” Eine Schülerin trug diese Gedanken vor. Andere lasen eigene Gedichte vor. Wieder andere mahnten, dass der Holocaust-Gedenktag nicht nur an die Gräueltaten der Nazis erinnere, sondern die heranwachsende Generation darauf aufmerksam machen solle, welche fatalen Folgen der Antisemitismus und insbesondere Hasskampagnen hatten und haben können, wenn man sie nicht ernst nimmt. Tief klingt in diesen Worten die Trias von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an.


Es war heute ein besonders würdevolles Gedenken. Wir als Elisabethschule sind dankbar, dass wir für diese uns wichtige Gedenkstunde einen nahtlosen Übergang vom jahrzehntelangen Engagement Amnon Orbachs, dem ehemaligen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Marburg, zu Thorsten Schmermund, einem treuen Begleiter und Kenner des Judentums aus der Jüdischen Gemeinde Marburg gefunden haben.

Stefania Sechi und Ute Trautwein