Schülerinnen und Schüler

Als reine Mädchenschule gegründet, durften seit September 1969 auch Jungen die Elisabethschule besuchen.
Dieser Bereich begibt sich auf die Spuren ehemaliger Schülerinnen und Schüler.

Margot Käßmann

Als prominentestes Beispiel dient die Theologin und ehemalige Landesbischöfin Margot Käßmann, die an der Elisabethschule 1977 ihr Abitur ablegte.

Alix Westerkamp

Alix Westerkamp – die erste deutsche promovierte Juristin besuchte die Elisabethschule:

Das Schülerinnenverzeichnis führt sie noch als „Alice“. Ab wann genau und warum sie ihren Namen in „Alix“ änderte, ist unbekannt. Bekannt ist aber, dass die erste in Deutschland promovierte Juristin die höhere städtische Töchterschule Marburgs besuchte, und das ab dem 18. April 1882. Angemeldet hatte sie ihr Vater, ein „Professor jur.“. Zu dem Zeitpunkt war die am 14.07.1876 in Marburg geborene Alice Westerkamp erst sechs Jahre alt. Anders als heute besaß die 1879 gegründete Töchterschule einen Elementarzweig, die sog. Klassen VII und VI für Schülerinnen im Alter von sechs bis 10 Jahren. Sie nahm die Mädchen damals also vom Beginn der Schulpflicht an auf und unterrichtete sie in der Regel bis zum Alter von 16.[1] Der Stundenplan des Schuljahres 1885/86 gibt Aufschluss über die Unterrichtsinhalte dieser frühen Jahre: Rechnen, Deutsch, Schönschreiben, Singen, Geographie, Handarbeit und Religion. Leider gibt es im Schülerinnenverzeichnis keinen Hinweis darauf, wie lange Alice bzw. Alix auf unsere Schule ging. Da sie aber Abitur machen wollte, was an der Elisabethschule erst seit dem Jahr 1928 möglich ist, musste sie Marburg verlassen. Sie besuchte daher einen Gymnasialkurs für Frauen in Leipzig, wo junge Mädchen innerhalb von drei Jahren auf den Abschluss vorbereitet wurden. So konnte sie ihr Abitur dann als sogenannte Externe an einem Gymnasium in Hersfeld im Jahr 1899 ablegen [2].

Vielleicht angeregt durch den Beruf ihres Vaters, eines Professors für Öffentliches und Deutsches Recht an der Philipps-Universität Marburg, entschloss sie sich im Anschluss an ihre Reifeprüfung für ein Jura-Studium in ihrer Heimatstadt. Obwohl die Juristische Fakultät der Marburger Universität dies befürwortete, lehnte das preußische Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten ihren Antrag auf Zulassung als ordentliche Studentin ab. Dabei berief es sich auf bestehende „Verwaltungsgrundsätze“[3]. Alix konnte sich im Sommersemester 1900 daher nur als Gasthörerin einschreiben. Dieser sogenannte Hörerinnenstatus war 1894 an preußischen Universitäten eingeführt worden und galt damit auch für die Marburger Universität, denn Marburg gehörte seit dem Oktober 1866 offiziell zu Preußen. Der Hörerinnenstatus bedeutete, dass die jungen Frauen jedem Dozenten erst sein Einverständnis zum Besuch seiner jeweiligen Vorlesung abringen mussten. Ein umständliches und herabwürdigendes Vorgehen für die jungen Frauen, da die Professoren ihre Bitten oftmals ablehnten.

Selbstbewusst forderten Alix Westerkamp und weitere „Hörerinnen“ anderer Universitäten vom preußischen Ministerium daraufhin in einem Schreiben eine ordentliche Immatrikulation – schließlich hätten sie eine Reifeprüfung abgelegt, was für junge Männer als regulärer Eintritt in die Universität genügte. Leider blieb ihr Schreiben ohne Erfolg. So durfte sich Alix Westerkamp auch weiterhin nur als Hörerin an der Juristischen Fakultät Marburg einschreiben. Im September 1903 wagte sie nach erfolgreichem „Hörerinnen“-Studium aber einen neuen Vorstoß – und reichte ein „Gesuch um Zulassung zur Doktorprüfung“ ein. Wieder unterstützte der Dekan der Juristischen Fakultät ihr Anliegen und verfasste einen Bericht, der das preußische Ministerium zum Einlenken bewegen sollte. Darin schilderte er eindrücklich Alix Westerkamps vorbildliche Leistungen, ihr Engagement und ihr berufliches Ziel, „bedürftige{n} Frauen unentgeltlich juristischen Rat“ geben zu wollen.[4]

Dem Antrag wurde schließlich stattgegeben und Alix Westerkamp bestand noch im November 1903 ihre Doktorprüfung mit „cum laude“. Ihre noch einmal überarbeitete Dissertation bewertete die Fakultät 1907 sogar mit „magna cum laude“.

Die Unterstützung bedürftiger Frauen und anderer Ratsuchender stellte die junge Juristin ab diesem Zeitpunkt ganz in den Mittelpunkt ihres beruflichen Wirkens. Stationen ihrer Laufbahn waren Frankfurt, Berlin und Chicago, wo sie das sog. „Settlement“, das sie bereits in Berlin praktizierte, weiter kennenlernen wollte – Ziel dieses Ansatzes war es, sich in Arbeitervierteln zu engagieren, um langfristig Klassengegensätze überwinden zu können. Hier arbeitete sie etwa in der Jugendgerichtshilfe. Gleichzeitig war Alix Westerkamp auch als Dozentin tätig, unter anderem an der Sozialen Frauenschule des Berliner Pestalozzi-Fröbel-Hauses oder als Mitbegründerin und -leiterin einer Jugendpflegeschule in Berlin, wo sie selbst unterrichtete, z.B. das Fach „Armen- und Waisenpflege.“

Alix Westerkamp lebte bis zu den vermehrten Luftangriffen auf die Hauptstadt in Berlin-Steglitz. Nach ihrer Umsiedelung nach Ulm starb sie dort im März 1944 im Alter von 67 Jahren.

Frauen wurde der reguläre Zugang zum Studium übrigens erst im Wintersemester 1908/09 an preußischen Universitäten genehmigt – ein Erfolg, der besonders der Beharrlichkeit junger Frauen wie Alix Westerkamp zu verdanken ist.  

Zum Comité-Foto:

Der Frauenklub organisierte gemeinsame Essen sowie Vorträge und Ausflüge. Alix Westerkamp (rechts außen) gehörte ihm seit 1907 an [Rhein-Main-Regionalgeschichtliche Sammlung Dr. Stefan Naas CC BY-NC-SA].


[1] Wilhelm Bernhard: Mitteilungen über die städtische höhere Töchterschule von deren Vorstand, Marburg 1881. S.3. Abgedruckt in: Festschrift 1879-1979. S. 145.

[2] Lorch – Göllner, Silke: Vorkämpferinnen an der Alma Mater Philippina. Die ersten (Gast) – Hörerinnen an der Universität Marburg (1895-1908). Waxmann 2024. S. 163.

[3] Ebd. S. 164.

[4] Ebd. S. 165